Methode der ökologischen Knappheit - Anwendung in der Schweiz, Japan und Deutschland
Vorgehen für die Bewertung
Die Methode der ökologischen Knappheit gewichtet in einer Ökobilanz verschiedene Umweltwirkungen - Schadstoffemissionen und Ressourcenverbrauch - mittels sogenannter Ökofaktoren. Der Ökofaktor eines Stoffes leitet sich aus der Umweltgesetzgebung oder entsprechenden politischen Zielen ab. Je mehr die aktuellen Emissionen resp. der Verbrauch an Ressourcen das gesetzte Umweltschutz-Ziel überschreiten, desto grösser wird der Ökofaktor, ausgedrückt in Umweltbelastungspunkten (UBP). Ein Ökofaktor wird in seiner Grundform aus drei Elementen hergeleitet (entsprechend der ISO-Norm 14044): Charakterisierung, Normierung und Gewichtung.
Schadstoffe, die zu einem bestimmten Umweltproblem wie beispielsweise Klimawandel beitragen, werden im ersten Schritt entsprechend ihrer Wirksamkeit mit einem Charakterisierungsfaktor versehen. Bei den Treibhausgasen sind dies die Treibhauspotenziale gemäss IPCC. In der Normierung wird quantifiziert, wie gross der Beitrag einer Einheit eines Schadstoffes oder einer Ressourcennutzung an die gesamte Belastung einer Region (hier der Schweiz) pro Jahr ist. Die Gewichtung bezieht sich auf das Verhältnis der momentanen Schadstoffemission resp. des Ressourcenverbrauchs (aktueller Fluss) zu den politisch festgelegten Emissions- resp. Verbrauchszielen (kritischer Fluss). Die daraus resultierenden Ökofaktoren in Ökopunkten pro kg Schadstoff resp. Ressource werden mit den in der Sachbilanz eines Produktes oder eines Standortes ermittelten Emissionsmengen und Ressourcenverbräuchen multipliziert. Die Bewertungsergebnisse können dann zum Vergleich verschiedener Produkte, in der Prozess- und Produktoptimierung, zur Analyse der Gesamtbelastung eines Firmenstandortes oder Landes herangezogen werden.
Die Schweizer Methode bewertet nach dem Vorsorgeprinzip auch die Entstehung von Abfällen. Dies ist im Sinne der ISO Norm kein definiertes Umweltproblem. In Bilanzen die gemäss der ISO-Norm erstellt werden sollen, sollten diese Faktoren daher ausser Acht gelassen werden.
Deutschland 2014 - Ökofaktoren zum Import in SimaPro
Vor etwa zwei Jahren wurden erstmals Ökofaktoren gemäss der Methode der ökologischen Knappheit für Deutschland publiziert. ESU-services hat diese Methode jetzt in SimaPro implementiert. Dafür wurden die Faktoren gemäss der Publikation “Ahbe, S., L. Schebek, Jansky, N., Wellge, S., Weihofen, S. (2014). Methode der ökologischen Knappheit für Deutschland – Eine Initiative der Volkswagen AG, Logos Verlag Berlin GmbH, Berlin” genutzt. Ein CSV-File mit dieser Methode kann von uns bezogen werden und lässt sich dann nach SimaPro importieren. Ferner können wir auch mit dieser Methode bewertete Resultate im Rahmen unseres Datenverkaufs anbieten. Die Methode wird auch im Rahmen der Umweltberichterstattung für Standorte der Autohersteller Volkswagen und DaimlerChrysler verwendet.
Schweiz 2013
Eine aufdatierte Version der Methode steht seit Anfang 2014 zur Verfügung. Erstmals wird nun auch Lärm als Umweltbelastung in einer Bewertungsmethode bewertet. ESU-services kann Ihnen die hierzu notwendigen Änderungen an den Sachbilanzdaten zur Verfügung stellen.
Japan 2012
Die Ökobilanzierung von Biotreibstoffen ist auch in Japan ein wichtiges Thema. Bisher gab es für die Bewertung der Umweltbelastungen aus der Landwirtschaft jedoch noch keine geeignete Methode. Bereits 2004 wurde eine erste Version der Methode der ökologischen Knappheit für Japan entwickelt. Diese basierte aber noch auf der Schweizer Version von 1998 und berücksichtigte nicht typische Emissionen aus der Landwirtschaft wie Nitrat und Ammonium. Die Methode wurde deshalb in Zusammenarbeit mit ESU-services vollständig überarbeitet und angepasst und 2012 publiziert.
Schweiz 2006
Die Ökobilanzbewertungsmethode der ökologischen Knappheit wurde im Jahr 2008 für die Schweiz aktualisiert. ESU-services hat zusammen mit Vertretern aus der Wirtschaft (Mitgliedsfirmen der Schweizerische Vereinigung für ökologisch bewusste Unternehmungsführung, ÖBU) und Bundesbehörden eine umfangreiche Neubearbeitung erstellt. Dabei wurde erstmals auch die Wassernutzung bewertet und zwar entsprechend ihrer regionalen Knappheit. Die Methode der ökologischen Knappheit war damit die erste vollagreggierende Bewertungsmethode mit vollständig integriertem water footprint. Die Publikation beschreibt die Herleitung der Ökofaktoren, die einerseits die aktuelle Emissionssituation und anderseits die schweizerischen oder von der Schweiz mitgetragenen internationalen Emissionsziele widerspiegeln.
Auftraggeber: Bundesamt für Umwelt (BAFU)
Anwendung in der Schweiz
Die Methode 2006 wurde in einer Ökobilanz von Biotreibstoffen angewendet. Das Science Magazin hob hierbei den Nutzen einer einfachen Beurteilung der Umweltbelastungen hervor. Die Methode wird in der Schweizer Verordnung zur Prüfung einer Steuerbefreiung von Biotreibstoffen (TrÖbiVO) vorgeschrieben.
Die Methode wird heute von vielen Ökobilanzierern in der Schweiz angewendet. Von folgenden Forschungsinstituten und Beratungsbüros gibt es z.B. Publikationen (alphabetisch):
- agroscope (Umweltbericht)
- Carbotech (Biomaterialien)
- Doka Ökobilanzen (Bewertung Lärm)
- Gammarus (Restaurant)
- E2 Management Consulting AG (Unternehmenskennzahlen)
- EMPA (Agrotreibstoffe, Kaffeekapseln)
- ESU-services GmbH (Ernährung, Energiebereitstellung)
- ETH Zürich (Gemüse)
- INFRAS (Umweltbericht)
- myClimate (diverse Produkte)
- Paul Scherrer Institut - PSI (Elektromobilität)
- sinum (Bankdienstleistungen)
Verwendet wird die Methode in der Schweiz für eine Vielzahl von Produktökobilanzen und Betriebsbilanzen für Verbände, Firmen und Behörden, u.a.:
- nationale Behörden, insbesondere die Bundesämter für Strassenbau, für Umwelt, für Zivilluftfahrt, für Bauten und Logistik, für Energie, und für Landwirtschaft (ASTRA, BAFU, BAZL, BBL, BFE, BLW)
- Nationale Organisationen und Vereine wie die Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren (KBOB) und eco-bau
- Städtische Auftraggeber aus Zürich, Basel, Luzern, etc.
- Firmen wie Baer, Coop, CS, ewz, Geberit, Knecht und Müller, McDonalds, Migros, Post, Raiffeisen, SBB, UBS
- NGO's wie WWF Schweiz, Climatop, VUE
In einer weiteren Studie wurden erstmals auch die Gesamtumweltbelastungen des Schweizer Konsums und der Produktion in der Schweiz mit der Methode der ökologischen Knappheit 2006 ausgewertet.
Internationale Anwendungen
International findet die Methode auch Beachtung. So hat ESU-services eine Japanische Version der Methode der ökologischen Knappheit im Rahmen eines Biotreibstoff Forschungsprogramms entwickelt. Auch Anpassungen für andere Länder, z.B. Jordanien sind uns bekannt.
Eine Ökobilanz zu Getränkebechern aus fossilen und biogenen Materialien für die EURO 2008 mit Auftraggebern aus der Schweiz, Deutschland und Österreich wurde mit dieser Methode bewertet.
Das DG-JRC in Ispra empfiehlt die in der Methode der ökologischen Knappheit 2006 verwendeten Ansätze zur Bewertung der Wassernutzung und zur Bewertung radioaktiver Strahlung. Die Empfehlungen wurden von den führenden europäischen Bewertungsexperten erarbeitet.
Publikationen
Folgende Dokumente stehen zum download bereit:
BAFU: Der Umweltbelastungspunkt stellt sich vor
In einem Konferenzbeitrag werden wesentliche Aspekte erklärt (Paper und Folien)
Der vollständige Bericht ist auf der Homepage des BAFU publiziert. Die Bewertungsfaktoren sind in folgenden Formaten verfügbar: EcoSpold für ecoinvent Daten v2.0 (HTML, XMLand Excel Tabelle)
Der Bericht zur UBP-Bewertung für den Wasserverbrauch von Treibstoffen mit der Methode der ökologischen Knappheit 2006
Charakterisierungsfaktoren der durch das DG-JRC, IEA empfohlenen midpoint LCIA Methode "ionising radiation, human health", erhältlich im csv Format (kompatibel für den Import in SimaPro)
Charakterisierungsfaktoren der Methode der ökologischen Knappheit für Japan, erhältlich im csv Format (kompatibel für den Import in SimaPro)
Alle Dateien werden ohne Gewähr zur Verfügung gestellt.
Frischknecht R., Büsser Knöpfel S., Flury K. and Stucki M. (2013) Ökofaktoren Schweiz 2013 gemäss der Methode der ökologischen Knappheit: Methodische Grundlagen und Anwendung auf die Schweiz. Umwelt-Wissen Nr. 1330. treeze und ESU-services GmbH im Auftrag des Bundesamt für Umwelt (BAFU), Bern.
Büsser S., Frischknecht R., Kono J., Hayashi K., 2012: Ecological scarcity Japan. ESU-services, Uster
Frischknecht, R., Steiner, R., Jungbluth, N. 2009: Methode der ökologischen Knappheit - Ökofaktoren 2006. Umwelt-Wissen Nr. 0906. Bundesamt für Umwelt (BAFU), Bern.
Frischknecht R., Jungbluth N. and Pfister S. 2009: UBP-Bewertung für den Wasserbedarf von Treibstoffen. ESU-services, Uster, im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU), Bern.
Frischknecht, R., Steiner, R., Jungbluth, N. 2008: Methode der ökologischen Knappheit - Ökofaktoren 2006. Methode für die Wirkungsabschätzung in Ökobilanzen. Öbu SR No. 28/2008, Bundesamt für Umwelt (BAFU), ÖBU Schweizerische Vereinigung für ökologisch bewusste Unternehmungsführung, Zürich und Bern.