Analyse der Auswirkungen von Lebensmitteln auf die Umwelt als wissenschaftliche Grundlage für Schweizer Ernährungsempfehlungen
Ernährungsempfehlungen helfen uns sich gesund zu ernähren. Die Ernährung wirkt sich auf die menschliche Gesundheit und die natürliche Umwelt aus. Ihr Anteil an den Gesamtumweltbelastungen durch den Schweizer Endkonsum beträgt je nach Bewertungsmethode 20-25%. Diese Umweltschäden wirken sich wiederum auf die menschliche Gesundheit aus. So führen z.B. Hitzeperioden im Sommer aufgrund der Klimakrise zu Todesfällen. Wenn sich Empfehlungen für die Ernährung nur auf einen der beiden Aspekte konzentriert, leiden sowohl die menschliche Gesundheit als auch die Umwelt. Daher werden in diesem Bericht, beide Aspekte der Ernährung zu vereint, um Nachhaltigkeit auf gesunde und umweltfreundliche Weise zu gewährleisten. Unsere Studie macht wissenschaftlichen basierte Vorschläge zur Berücksichtigung beider Aspekte.
Hintergrund zur Überarbeitung der Ernährungsempfehlungen
Vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) wurde im Jahr 2020 ein Projekt zur Anpassung der Schweizer Ernährungsempfehlungen in Auftrag gegeben. Das BLV beauftragte ESU-services für das Arbeitspakets "Nachhaltigkeit" des Projekts "Ernährungsempfehlungen für die Schweizer Bevölkerung". Im Projektverlauf gab es allerdings unterschiedliche Meinungen über die Priorisierung von Gesundheits- und Nachhaltigkeitsaspekten. Die Zusammenarbeit mit ESU-services wurde daraufhin vom Partner CHUV aufgekündigt.
Für ESU-services ist die Ökobilanzforschung zur umweltfreundlichen Ernährung seit 25 Jahren ein wichtiges Anliegen. Dieser Bericht und die darin enthaltenen Auswertungen wurden aus eigenen Mitteln der ESU-services auf Grundlage der langjährigen Erfahrung erarbeitet.
Fragestellungen für die Analyse
Der Bericht liefert eine wissenschaftliche Grundlage für die Überarbeitung der Ernährungsempfehlungen in der Schweiz. Die folgenden Schlüsselfragen werden beantwortet:
- Welche Umweltauswirkungen haben verschiedene Lebensmittel?
- Welche Produkte verursachen besonders hohe Umweltauswirkungen?
- Welche Synergien oder Zielkonflikte bestehen zwischen Gesundheit und ökologischer Nachhaltigkeit bei der Ernährung?
- Wie können die Zielkonflikte gelöst werden?
- Welche Ergebnisse zu Synergien und Zielkonflikten sind für die Schweiz von Bedeutung?
- Welche Vorschläge können bei der Überarbeitung der Ernährungsempfehlungen berücksichtigt werden?
Um die Umweltauswirkungen von Lebensmitteln (Konsum) zu bewerten, wird eine Ökobilanz (LCA) für eine Liste von Lebensmittelgruppen durchgeführt. Die Bewertung der Umweltbelastungen wird mit der Schweizer Methode der ökologischen Knappheit 2021 durchgeführt. Die Ökobilanz umfasst die Produktion, die Verarbeitung, den Transport, die Lagerung und den Vertrieb bis hin zum Supermarkt.
Um die Umweltauswirkungen der Lebensmittel zu bewerten, werden verschiedene funktionelle Einheiten gewählt, um die unterschiedlichen Ernährungsfunktionen der untersuchten Lebensmittel abzudecken. Die Umweltauswirkungen werden pro 100 g, pro 100 kcal und pro Nährwert des Lebensmittels berechnet.
Resultate der Studie
Bei Verwendung der Masse als funktionelle Einheit führen tierische Produkte und Ölprodukte zu den höchsten Umweltauswirkungen der betrachteten Lebensmittel. In Bezug zu Kalorien haben vor allem Fleischprodukte und Fisch im Vergleich zu den anderen Lebensmittelgruppen hohe Auswirkungen.
Für jeden Nährwert werden spezifische Arten von Lebensmitteln aufgezeigt, die die in den Ernährungsempfehlungen empfohlene Tageszufuhr umweltfreundlich decken können. Der tägliche Bedarf an Proteinen kann beispielsweise durch Getreide gedeckt werden, ohne die hohen Umweltauswirkungen des Fleischkonsums zu verursachen.
Mit den Ergebnissen der Ökobilanz der Lebensmittel werden für alle in dieser Studie untersuchten Produktgruppen von Lebensmitteln, Konflikte und Synergien zwischen Gesundheit und ökologischer Nachhaltigkeit beschrieben. Die meisten Konflikte können durch die Verwendung alternativer Produkte gelöst werden. So können beispielsweise tierische Produkte durch Fleischersatzprodukte oder andere pflanzliche Produkte ersetzt werden, um eine bestimmte Ernährungsfunktion zu erfüllen.
Die Umweltauswirkungen hängen stark von der Produktion, der Verarbeitung, des Transports, der Lagerung usw. ab, selbst bei ähnlichen Lebensmitteln. Um das Verständnis dafür zu verbessern, wie diese Aspekte die Umweltauswirkungen beeinflussen, werden die Ergebnisse der Studie durch eine Diskussion über die verschiedenen Phasen des Lebenszyklus der Lebensmittel unterstützt. Die landwirtschaftliche Produktion hat dabei in der Regel die größten Auswirkungen während des gesamten Lebenszyklus von Lebensmitteln.
Synergien und Konflikte bei der Berücksichtigung direkter und indirekter Gesundheitsauswirkungen
Aus den Ergebnissen der Ökobilanz für Lebensmittel und der Diskussion der Lebenszyklusphasen werden Verbesserungspotenziale für die Produktion und den Konsum von Lebensmitteln aufgezeigt. Auf der Produktionsseite kann eine Verringerung der Umweltauswirkungen durch eine umweltfreundlichere Anpassung der Produktionsprozesse erreicht werden. Dies kann entweder durch politische Maßnahmen oder durch eine Änderung des Konsumverhaltens der Verbraucher erfolgen. Die Reduzierung des Konsums von tierischen Produkten weist das größte Reduktionspotential auf. Um eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen zu gewährleisten, kann die empfohlene Tagesdosis durch Fleischersatzprodukte oder einfache pflanzliche Produkte abgedeckt werden. Bei pflanzlichen Produkten helfen der Verzehr von saisonalen und lokalen Produkten sowie die Reduzierung energieintensiver Verarbeitungsschritte und Verpackungen, Umweltschäden zu vermeiden. Die Minimierung von Lebensmittelabfällen ist eine weitere Option im Lebenszyklus von Lebensmitteln, durch die eine Verringerung der Umweltauswirkungen erreicht werden kann, ohne dass gesundheitliche Aspekte in Frage gestellt werden. Schließlich ist die Reduzierung des übermäßigen Konsums eine wirksame Maßnahme zur Verringerung der Umweltauswirkungen und zur Verbesserung der menschlichen Gesundheit.
Vorschlag zur Anpassung der Ernährungsempfehlungen
Als Schlussfolgerung enthält der Bericht eine angepasste Version der Schweizer Ernährungsempfehlungen, die die in dieser Studie erarbeiteten Nachhaltigkeitsaspekte beinhalten. Die bisherigen Ernährungsempfehlungen wurden mit diesen Informationen dieser Studie aktualisiert und werden in Tabelle 1 pro Produktgruppe zusammengefasst.
Während wir an diesen Empfehlungen arbeiteten, erkannten wir, dass es notwendig ist, verschiedene Zielgruppen in der Bevölkerung mit unterschiedlichen Ernährungsanforderungen spezifischer zu informieren. Insbesondere für die täglichen einzelnen Nährstoffe scheinen empfohlene Aufnahmen teilweise höher zu sein als das, was mit einer normalen Ernährung erreicht werden kann. Daher müssen diese Empfehlungen weitere Überarbeitungen und Anpassungen an die Bedürfnisse von z. Kind, Frauen, Männer, ältere Menschen, aktiv oder andere Bevölkerungsgruppen.
Publikationen zum Thema umweltfreundliche Ernährung
Wir sehen nachhaltige Entwicklung als einen gemeinsamen Prozess. In diesem Sinne nehmen wir Rückmeldungen und Anregungen zu diesem Bericht gerne entgegen, um ihn zu gegebener Zeit zu überarbeiten.
Post: Diskussion zum wissenschaftlichen Hintergrund für die Überarbeitung der Ernährungspyramide
Gesund essen oder die Umwelt schützen – was ist wichtiger? Tagesanzeiger vom 15.5.2024
Niels Jungbluth, Martin Ulrich (2022) Nachhaltige Ernährungsempfehlungen für die Schweiz unter Berücksichtigung von Umwelt und Gesundheit. 12. Ökobilanz-Plattform Land- und Ernährungswirtschaft. Ernährung und Umwelt: wie können wir uns gesund und umweltfreundlich ernähren? Agroscope in Zürich, Reckenholz oder Online
Niels Jungbluth, Martin Ulrich, Karen Muir, Christoph Meili, Maresa Bussa, Samuel Solin (2022) Analysis of food and environmental impacts as a scientific basis for Swiss dietary recommendations. ESU-services GmbH, Schaffhausen, Switzerland.