Es ist nötig Fleisch statt Nüsse beim Thema Umweltbelastungen thematisieren
Für Erstaunen hat in den neuen Ernährungsempfehlungen der Schweizer Gesellschaft für Ernährung das Statement «Nüsse haben grundsätzlich keine gute Ökobilanz» gesorgt. Das tönt in den Ohren eines Ökobilanzierenden eher merkwürdig, da solche Aussagen mit dieser Methode nicht generiert werden können. Hier zeigen wir, warum es beim Konsum von Nüssen kein schlechtes Gewissen braucht.
Hintergrund
Die Umweltbelastungen im Hintergrundbericht des CHUV für die Kategorie Nüsse und Samen werden mit ca. 50'000 UBP’21/kg (Umweltbelastungspunkten) abgeschätzt. Dieser basiert auf Werten aus der WFLDB Datenbank, die mit der UVEK Daten 2018 verknüpft wurde. Erwähnt wird der «hohe» Pestizideinsatz und Belastungen durch Landumwandlung. In der Datenbasis fehlen Daten zu Schweizer Kürbis- und Sonnenblumenkernen. Marroni/Esskastanien, die in der Schweiz auch gerne konsumiert werden, fallen nicht in diese Kategorie. Tab. 1 zeigt zur Übersicht Daten zum derzeitigen Verzehr von Nüssen, der derzeit je nach Definition bei maximal 20 g/d/p liegt.
Bei einer Auswertung von verfügbaren Daten aus verschiedenen Ökobilanzdatenbanken zu Nüssen und Samen liegt die Spannbreite bei 2.6 - 120 tsd. UBP’21/kg essbarer Anteil (Fig. 1). Dabei scheint es auch generelle grosse Unterschiede bei den Datenbanken zu geben, mit sehr niedrigen Werten in den Agribalyse und Agri-Footprint Daten, mittleren Werten bei ESU und eher höheren Werten in den auf der WFLDB Datenbank basierenden Daten.
ESU-services hat neben Daten für diese beiden Schweizer Kerne auch Daten für Cashew, Mandeln und Haselnüsse in der eigenen Datenbank erhoben und kommt auf einen Durchschnittswert von 34'000 UBP’21/kg (Bandbreite 11.6-42.9 tsd. UBP’21/kg).
Nüsse sind aufgrund des geringen Wassergehalts, eher geringer Erträge damit eher landwirtschaftliche Produkte mit hohen Umweltbelastungen pro kg. Allerdings ist der Nährstoffgehalt auch hoch. Oft erwähnt wird dabei das Thema Wasser, welches insbesondere für kalifornische Mandeln als problematisch angesehen wird. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Bewertung von eingesetzten Pestiziden, bei der es hohe Unsicherheiten bei den Mengen und Bewertungsfaktoren gibt. Die bisher verfügbaren Daten zeigen sehr grosse Schwankungen je nach Datenquelle, Herkunftsregion und Grad der Verarbeitung. Berücksichtigt werden nur Nüsse aus konventionellem Anbau. Bei biologischem Anbau würde der Aspekt des Pestizideinsatzes geringer, allerdings evtl. zu Lasten geringerer Erträge.
Insgesamt wäre eine detailliertere Untersuchung (inklusive Datenerhebung) hinsichtlich der für die Schweiz relevanten Produkte und Produktionsweisen nötig, um nicht unnötige Aufregung zu generieren. Dabei sollten auch Schweizer Produkte wie die oben genannten Kerne und Produkte aus dem nahen Ausland wie z.B. Walnüsse besser untersucht werden.
Ein Teil der Nüsse kann auch zu Pflanzenölen weiterverarbeitet werden. Dabei steigen die Umweltbelastungen in der Regel nochmals an, da ein relevanter Teil der Nuss im Presskuchen verbleibt, der dann häufig an Nutztiere verfüttert wird und damit zu Food Waste wird. Werden ganze Nüsse statt Ölen konsumiert, ist dies aus Umweltsicht sicher vorteilhaft, da mehr Nährstoffe für die menschliche Ernährung genutzt werden.
In der derzeitigen Ernährung tragen Nüsse und Samen etwa 2% zur Gesamtumweltbelastung bei. In einem von ESU berechneten Szenario zu minimalen Umweltbelastungen einer gesunden Ernährung steigt der Anteil bei einem Konsum von 30 Gramm pro Tag auf knapp 10% der Gesamtbelastung an.
Die Aussage des BLV: «Nüsse haben grundsätzlich keine gute Ökobilanz» in der Langfassung der Ernährungsempfehlungen ist aus unserer Sicht zu negativ und pauschal. Wissenschaftlich ist sie Nonsens, da die Ökobilanz niemals absolute Aussagen unterstützt. Die Datengrundlage des offiziellen Hintergrunds Berichts war ungenügend, da z.B. vorhandene Daten für Sonnenblumenkerne und Erdnüsse nicht berücksichtigt wurden. Und der verwendete Wert scheint eher an der oberen Grenze einer grossen Bandbreite zu liegen. Positiv ist mindestens, dass die Aussage dann etwas differenziert wird: «Kleine Mengen – wie sie die Lebensmittelpyramide empfiehlt – sind aber aus ökologischer Sicht vertretbar und bringen gesundheitliche Vorteile.» Ein Fakt, der leider dann nicht mehr bei allen Leser:innen hängen bleibt.
Schlussendlich ist auch noch anzumerken, dass z.B. Rindfleisch mit über 90'000 UBP’21/kg bewertet wird und damit die doppelten Belastungen von Nüssen verursacht (und auch in deutlich höheren Mengen konsumiert wird). Zu einer ähnlich deutlichen Aussage zu Fleischprodukten konnte sich das BLV hingegen nicht durchringen. Nüsse mit ihren hohen Nährstoffgehalten sind dabei für eine fleischarme Ernährung durchaus sinnvoll.